Und Gott sprach: Es lasse die Erde aufgehen Gras und Kraut, das Samen bringe, und fruchtbare Bäume, die ein jeder nach seiner Art Früchte tragen, in denen ihr Same ist. Und es geschah so. Und die Erde ließ aufgehen Gras und Kraut, das Samen bringt, ein jedes nach seiner Art, und Bäume, die da Früchte tragen, in denen ihr Same ist, ein jeder nach seiner Art. Und Gott sah, dass es gut war. Da ward aus Abend und Morgen der dritte Tag…“ So schildert es uns die Schöpfungsgeschichte in der Bibel (1.Mose1, 11-13). Und gerade die Pflanzen in ihrer unglaublichen Vielfalt und Schönheit zeigen uns in besonderem Maße die Herrlichkeit der Schöpfung. Sie bieten uns auch eine zusätzliche Möglichkeit, sich mit der Heiligen Schrift zu beschäftigen, denn sie finden in unterschiedlichem Zusammenhang Erwähnung. Die Texte des alten und des neuen Testaments beinhalten Informationen zu einer großen Anzahl an Gewächsen des östlichen Mittelmeerraums, sowie zu deren Bedeutung und Verwendung. Später wurden aber auch andere Pflanzen aufgrund ihrer Eigenschaften in einen biblischen bzw. religiösen Kontext gebracht.
Unser Grundstück wird durch eine Auswahl an entsprechenden Pflanzen bereichert. Im Folgenden sollen einige Informationen zu ihnen übermittelt werden.
Akanthus
Der Akanthus (der Stachlige) ist im Mittelmeerraum eine weit verbreitete Distelart. Er gilt als Sinnbild für Unsterblichkeit, Leben und Wachstum bis zur Vollendung. Seine Blätter sind mit ihrer grafischen Ausdruckskraft von der Antike bis heute das häufigste pflanzliche Dekorationselement. Von der romanischen Architektur wurden die stilisierten Blätter für Kapitelle in der Kirche übernommen. Besonders im Chorraum ist dieses pflanzliche Symbol gern verwendet worden. Dort wurden die Reliquien der Heiligen aufbewahrt, die man als in besonderer Weise in die Unsterblichkeit eingegangen verehrte.
Erdbeere
Der niedrige Wuchs der Erdbeere ließ sie zu einem Symbol der Bescheidenheit und Demut werden. Die Erdbeeren des Mittelalters waren kleiner als unsere heutigen Züchtungen, wir können sie vielleicht mit unseren Walderdbeeren vergleichen. Deshalb erinnerten die kleinen roten Früchte an Blutstropfen. Die fünf Blütenblätter waren ein Hinweis auf die fünf Wunden Christi. Die dreiteiligen Blätter schließlich wurden als Symbol der Dreieinigkeit gesehen. Da die Erdbeere zur gleichen Zeit blüht und fruchtet, war sie auch ein Symbol der jungfräulichen Mutterschaft Marias.
Feige
Schon 5000 Jahre vor Christus war diese Kulturpflanze im Mittelmeerraum bekannt. Der Baum trägt mehrmals im Jahr Früchte, sodass sich reife und unreife Früchte zugleich an einem Baum befinden. Neben dem Weinstock wurde der Feigenbaum zu einem Zeichen für Frieden und Lebensglück. (Micha 4,4). Die Feige ist die erste in der Bibel namentlich erwähnte Pflanze. Adam und Eva dienten ihre Blätter als Kleidung. Der Feigenbaum wird auch in verschiedenen Gleichnissen als Symbol genutzt (Matth. 24, 32-33/Lukas 13,6-9). Feigen sind seit alters her ein wichtiges Nahrungsmittel. Wegen des hohen Zuckergehaltes sind sie getrocknet gut lagerfähig. Die Frucht des Feigenbaumes gilt als Symbol des heiligen Geistes.
Johannisbeere
Johannes der Täufer war ein Verwandter Jesu. Er wurde nach der Bibel ein halbes Jahr vor Jesus geboren. Deshalb liegt der Johannistag ein halbes Jahr vor Weihnachten. Der Name dieses Beerenobstes leitet sich vom „Johannistag“, dem 24.Juni her, um den herum die ersten Sorten reif werden. Der Johannistag markiert die Mitte des Jahres und erinnert an den Ausspruch des Täufers: „Er (Jesus) muss wachsen, ich aber muss abnehmen.“ Denn ab dem Johannistag werden die Tage wieder kürzer.
Johanniskraut
Pflanzen der Heimat bekamen durch die Mönche „theologische“ Namen. So hat auch das Johanniskraut seinen Namen nach der Blühzeit um den Heiligentag „Johanni“ (24.06.). Schon im „Lorscher Arzneibuch“ aus der Zeit um 790/95 wird Johanniskraut für das Anwendungsgebiet „Melancholie“ (Stimmungsschwankungen) empfohlen. Bis heute ist das sein wichtigster Einsatz. Wenn man die frischen Blüten des Johanniskrautes zwischen den Fingern zerreibt, tritt eine rote, ölige Flüssigkeit hervor – „das Blut Johannes des Täufers“.
Kapuzinerkresse
Man gab dieser Pflanze, die im 17. Jahrhundert aus der neuen Welt nach Europa kam, wegen der Ähnlichkeit mit den Kapuzen der Mönchskutten den Namen Kapuzinerkresse. Die Kapuziner-Mönche waren wegen ihrer besonders großen Kapuzen bekannt. Die Inhaltsstoffe der Kapuzinerkresse wirken gegen Schmerzen und zur besseren Wundheilung.
Maulbeere
Bei den Erwähnungen in der Bibel – es sind immerhin acht an der Zahl – ist meist vom Maulbeerfeigenbaum die Rede, also von der wilden Feige, auch Eselsfeige genannt. Die Maulbeere wird nur in Lukas 17,6 erwähnt. Schon 52 Tage nach der Blüte trägt der Maulbeerbaum die ersten Früchte, die jedoch nicht lagerfähig sind. In Israel kultivierte man die schwarze Maulbeere. In biblischer Zeit wurden fast alle Teile des Maulbeerbaumes genutzt.
Narzisse
Eine orientalische Spruchweisheit sagt: „Wer zwei Brote hat, verkaufe eins und kaufe sich Narzissen dafür. Brot gibt nur dem Körper Nahrung- Narzissen aber nähren die Seele.“ Durch Paul Gerhards Lied „Geh aus mein Herz …“ wurde sie eine beliebte Frühjahrsblume der Pfarrgärten. Als „Pfarrernarzisse“ war sie vielerorts Charakterpflanze der Pfarrgärten.
Pfingstrose
Es sind wohl die Benediktinermönche gewesen, die die Pfingstrose von jenseits der Alpen nach Mitteleuropa brachten. In den Klostergärten wurde sie als Heilpflanze kultiviert. Die blutstillende Wirkung der Wurzeln ist seit der Antike bekannt. Noch heute zählt sie zu den wichtigsten Pharmaka. Diese Heileigenschaften wurden früh auf Jesus übertragen und rasch wurde diese „Rose ohne Dornen“ zu einer heiligen Pflanze der Christen, besonders in der Marienverehrung. Der Name weist auf den Blühzeitpunkt um Pfingsten hin, gleichzeitig verwendete man in der Antike ihren Samen bei Sprachstörungen.
Ringelblume
Sie hat ihren Namen durch ihren ringförmig angeordneten Samen. Nachdem die Ringelblume nach Mitteleuropa eingeführt wurde, fand sie ab dem 12. Jahrhundert ihren Platz in Kloster- und Bauerngärten. Hildegard von Bingen entdeckte ihre Heileigenschaften. Sie schätzte die Ringelblume und nannte sie „Ringula“ oder „Ringella“. Noch heute hat sie in der Volksmedizin ihren festen Platz. In ihren ringförmig angeordneten Samen sah man im Mittelalter ein Sinnbild für die Ewigkeit. So wie bei vielen Heilpflanzen sah man in ihr auch einen Hinweis auf Maria. In dieser Funktion ist sie auch auf vielen mittelalterlichen Gemälden zu finden.
Rose
Die Rose gilt als Sinnbild für Anmut und Liebe und wird auch als die „Königin der Blumen“ bezeichnet. Man findet sie auch auf vielen alten Gemälden, wo die roten Blüten als Symbol für das Blut der Märtyrer stehen. Die Darstellung der Blüten ist auch in gotischen Kathedralen oft an Fenstern und anderen Gebäudeelementen zu finden. Martin Luther verwendete eine weiße Rose als ein Zeichen seiner Theologie. Bei der Lutherrose werden die weißen Blütenblätter mit Freude, Glück und den Engeln in Verbindung gebracht, während das mittige rote Herz uns daran erinnern soll, dass Jesus Christus uns liebt.
Schwertlilie
Etwa seit dem Jahr 800 zählt auch die Schwertlilie zu den Klosterpflanzen. Hildegard von Bingen erwähnt die Wurzeln der „Swertula“ als Heilmittel bei Nierenerkrankungen. Der Reichenauer Abt Walafrid Strabo baute sie in seinem Klostergarten an, um mit den in Wein gekochten Rhizomen Blasenschmerzen zu lindern. Die regenbogenfarbige Iris steht in der christlichen Überlieferung als ein Sinnbild für den Bund Gottes mit den Menschen. Ihre lanzettartigen Blätter ließen sie zur Marienpflanze werden. (Lukas 2,35)
Tamariske
Abraham pflanzte in Beerscheba eine Tamariske (1. Mose 21,33). Saul saß unter einer Tamariske als er erfuhr, das David und seine Männer aufgespürt worden waren (1. Samuel 22,6). Auch nach seinem Tod wurden die Überreste von Saul unter einer Tamariske begraben (1. Samuel 31,13). Tamarisken sind über das Sandgebiet des Negev verbreitet und wurden von den Bewohnern oft angepflanzt. Durch den Schatten, den sie spenden und durch die weichen, zarten Zweige, die als Viehfutter dienen, waren sie ein beliebter und geschätzter Baum. Tamarisken sind meist mehrstämmig und werden 10 -12 m hoch.
Tulpe
Der Gattungsname „Tulpia“ verweist darauf, dass die Blüte in ihrer geschlossenen Form an einen Turban erinnert. Im Muslimischen hat die Tulpe eine starke mythologische Bedeutung. Das Wappen Irans erinnert z.B. an das stilisierte Bild einer Tulpe. Auch in der Türkei gilt die Tulpe bis heute als Nationalblume. Als Frühlingsblume wird sie bei uns selbstverständlich zum Symbol der Auferstehung und Lebenskraft.
Unkraut
Auch Unkraut, Disteln und Dornen werden in der Bibel gelegentlich erwähnt und für Erklärungen sowie Gleichnisse genutzt. Die unerwünschten Pflanzen stehen dabei sinnbildlich für das Böse und die Sünde (z. B. in Matth. 13,38).
Weinraute
„Weh euch, ihr Pharisäer! Ihr gebt den Zehnten von Minze und Raute und allerlei Gemüse“ (Lukas 11,42). Die Weinraute wuchs in Israel wild und war deshalb vom Zehnten ausgenommen. Die Blätter sind mit durchscheinenden Drüsen punktiert, die ein stark riechendes, medizinisch vielfach verwendbares Öl absondern. Klein geschnittene Rautenblätter nutzte man zum Würzen von Speisen. In der Antike galt die Weinraute als vorzügliches Mittel gegen pflanzliche und tierische Gifte. Ihre basische Asche konnte auch als Seife benutzt werden.
Weinstock
„Ein jeder wird unter seinem Weinstock und Feigenbaum wohnen und niemand wird sie schrecken“ (Micha 4,4). Rebenanbau wurde im vorderen Orient schon in der Bronzezeit betrieben. Das Wort „Wein“ wird über 200 mal in der Bibel erwähnt. Weinstock und Weinberg werden oft auch als Symbol oder im Gleichnis genutzt. Die Früchte zählen im heiligen Land zu den drei Hauptnahrungsmitteln und werden als Gottesgabe gerühmt. Wein war Bestandteil jeder ordentlichen Mahlzeit und gehörte selbstverständlich zu jeder Feier. Der vergorene Rebensaft wurde auch als Heilmittel verwendet. Der Weinstock gilt als Zeichen des Friedens. Als erster Weinbauer und Winzer wird Noah beschrieben (1. Mose 9,20). Die Kundschafter, die Mose in das Land Kanaan schickte, trafen dort offensichtlich auch auf hochentwickelten Weinanbau (4. Mose 13, 23-24).
Ysop
Büschel vom Ysopstrauch wurden für kultische Handlungen genutzt (z.B. Psalm 51,9). Auch bei den genauen Anweisungen an das jüdische Volk während der zehn Plagen in Ägypten spielte das Kraut eine Rolle (2. Mose 12,21-22). Teile vom Ysopkraut werden mehrfach in der Bibel erwähnt. Allerdings ist unser heutiger Ysop eine andere Pflanze. Der in der Bibel erwähnte Ysop soll unserem heutigen Majoran bzw. Oregano entsprechen.